Angst
& Bange
Acht Schrecken der Gegenwart
L A U F E N D E S
P R O J E K T
•
L A U F E N D E S P R O J E K T •
Wenn es darum geht, was einen nachts wach hält und Schauer über den Rücken jagt, sind es nicht Spinnen, ein Flugzeugabsturz oder der Aufstieg einer radikalen Partei ins Parlament, sondern vielmehr der Verfall der Gesellschaft zugunsten einer fortschreitenden Transformation unserer Welt in einen plutokratischen Albtraum.
Die Serie Angst & Bange stellt diese immer näher rückende dystopische Version unserer Zivilisation als acht Gesichter des Schreckens dar. Ähnlich den sieben Todsünden charakterisieren diese Grimassen acht Konzepte, die den gesellschaftlichen Wandel still und unaufhaltsam vorantreiben.
Timorem № 1
KONSUM
Brauchen wir wirklich eine solche Fülle an materiellen Gütern, die regelmäßig entweder kaputt gehen, obsolet werden oder aus der Mode geraten? Warum gibt es fünf identische Produkte in unterschiedlichen Preisklassen, und ist eine 130-Megapixel-Kamera wirklich besser als eine mit 129 Megapixeln?
Der Wahn der Überproduktion, um einen möglichst konkurrenzfähigen Preis zu erzielen, führt gleichzeitig zu einer enormen Verschwendung von Ressourcen in nahezu allen Bereichen der Produktion. Wir akzeptieren es, dass Waren mit geplanter Obsoleszenz zum Kauf angeboten werden, in der Hoffnung, dass Recycling alles wieder richten wird. Es scheint jedoch eher so, als ob das, was tatsächlich wiederverwertet wird, nicht die Materialien und Ressourcen sind, sondern die Verbraucher, die in einem ewigen Kreislauf immer wieder zur Kasse gebeten werden.
Dieses ganze Szenario wird dann noch durch die allmähliche Ersetzung von Eigentum durch das Mieten von Dienstleistungen und Waren verziert.
Timorem № 4
ELITE
Wer hat hier das Sagen, und wer entscheidet darüber, was Macht verdient? In einer Welt, die sich zunehmend auf Status und Exklusivität stützt, ist die Elite längst nicht mehr eine Frage von Herkunft oder Bildung, sondern ein gut gehüteter Kreis, der sich selbst reproduziert. Zugehörigkeit ist hier weniger das Ergebnis eines persönlichen Verdienstes, als vielmehr das der Kontrolle über Ressourcen und der Fähigkeit, Regeln zu setzen, die nur wenige verstehen und noch weniger beeinflussen können.
Die Türen dieses Kreises bleiben für die meisten verschlossen. Privilegien, Netzwerke und Einflussmittel sind sorgfältig verteilt und machen es nahezu unmöglich, die Strukturen aufzubrechen. In dieser selbstgeschaffenen Festung wirken Werte wie Transparenz und Gleichheit eher wie Dekoration. Denn die Spielregeln schreiben diejenigen, die gewinnen, und sie sorgen dafür, dass diese Regeln bestehen bleiben.
Es ist ein Club, und du gehörst nicht dazu.
Timorem № 7
ALGORITHMEN
Was liegt eigentlich zwischen null und eins? Wie viele Zahlen verbergen sich zwischen diesen beiden simplen Werten? Häufig betrachten wir diese Werte als Zustände: etwas ist entweder an oder aus. Auf diese Weise haben wir unsere Welt strukturiert. Mithilfe von nur zwei Werten, viel Strom und einer beträchtlichen Menge verarbeitetem Sand, schreitet die Quantifizierung der Welt taktweise voran.
Zigtausende Variationen existieren und beeinflussen unser tägliches Leben. Mathematische Formeln und Gleichungen messen und bewerten unsere, in Daten verwandelte Leben. Still und leise werden wir kategorisiert und in Gruppen eingeteilt, um etwas zu messen, das eigentlich nicht messbar ist: die individuelle menschliche Vielfalt. Modelle und Prognosen sollen uns als Menschen des Typ-1 oder Typ-2 klassifizieren, um das reibungslose Funktionieren des Betriebssystems zu gewährleisten. Aber was ist, wenn man weder das eine noch das andere ist? Was passiert, wenn ein Mensch dazwischen liegt und das digital konstruierte Lineal einfach nicht den Wert messen kann oder der Maßstab falsch angesetzt ist?